Gerhardsen Gerner

Nader Ahriman Previous Shows Meta-Kubismus

Nader Ahriman

 

Nader Ahriman – Stromboli (2015)
Nader Ahriman – Meta-Kubismus (2014)

 
 
 

Nader Ahriman
Meta–Cubism

Duration: 11 December, 2014 – 31 January, 2015


Gerhardsen Gerner is very pleased to announce our first solo exhibition with the Iranian-German artist Nader Ahriman. 

Nader Ahriman's Hegel Machine is part of a series of works entitled Meta–Cubism, which is based on Hegel's Phenomenology of Spirit. So far, Hegel Machine includes eleven large canvases and numerous drawings and sketches. Ahriman's painting is characterized by a complex shape and figural language, resulting from the attempt "to paint philosophy" (Douglas Fogle, 2002). He furnishes the abstract mental constructions of philosophy with figurative counterparts combined with geometric architectural elements. The artist's intention is not to illustrate. His pictorial compositions are rather metaphors for that which cannot quite be grasped. 

The meticulously constructed image elements are filled with meaning within the philosophical cosmos of Ahriman's thinking. His imagery fascinates precisely because of its complex density and the notion that the scene contains more than it reveals on first viewing. "What is appearance, what is reality? [...] The figures have their own secrets, they possess hidden meanings and characteristics [...] [Nader Ahriman] gives us an insight about how we perceive and do not perceive the world, what we see and do not see, what we understand and do not understand. His painting offers an existential possibility of making an existence dominated by irrational forces bearable and presents the only knowledge of the nature of the world." (Florian Waldvogel, 2013) 

The same figures or elements recur over and over again in the pictures. It is as if the painterly idea must be deepened or be imprinted on the visual memory of the beholder: the "Soul of the World" as Napoleon Bonaparte high upon his steed, and "The Young Hegel" with a transparent plastic bag over his head, a bound package under his arm and a raised, bare leg, which is propped up by a baguette. The Hegel Machine and Soul of the World do not always appear in the same form, but each also attains an object-like architectural or "machine-like" image. 

"[Nader Ahriman's] images refer in a very precise way to the work of a philosopher, namely [here] to the writings of Georg Wilhelm Friedrich Hegel (and in particular The Phenomenology of Spirit from 1807); but they do explain, illustrate or comment upon a single sentence. They offer something to think about, without presupposing thinking: They are conceptualizations, the results of thought in images, which also require as many additions and repetitions, new starts and changes of perspective as thinking and writing itself." (Thomas Macho, Denkbilder, 2013)


Nader Ahriman, born 1964 in Shiraz (Iran), lives and works in Berlin. Ahriman's works have been shown in solo exhibitions, including the Kunstverein Hamburg (catalog by Distanz), Kunstverein Freiburg (catalog by Hatje Cantz), MACO Sur, Mexico City, and Kunsthalle St. Gallen. 

Furthermore, his work has been shown in the following group exhibitions: “Painting Forever!”, Kunst-Werke, Berlin, Madison Museum of Contemporary Art, der Temporären Kunsthalle, Berlin, MANIFESTA 7, Trento, Walker Art Center, Minneapolis, Whitechapel Gallery, London and Rupertinum, Salzburg.


For further information or printable images please contact Maike Fries, Gerhardsen Gerner: T: +49-30-69 51 83 41, 
F: +49-30-69 51 83 42, E: office@gerhardsengerner.com or visit our website: http://www.gerhardsengerner.com.
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Nader Ahriman
Meta–Kubismus

Ausstellungsdauer: 11. Dezember 2014 – 31. Januar, 2015


Gerhardsen Gerner freut sich sehr, die erste Einzelausstellung mit dem iranisch–deutschen Künstler Nader Ahriman ankündigen zu können. 

Die von Nader Ahriman erschaffene Hegelmaschine ist Teil der Werkserie Meta–Kubismus, die sich an Hegels „Phänomenologie des Geistes“ anlehnt. Die Hegelmaschine umfasst bislang etwa elf großformatige Leinwände und unzählige Zeichnungen und Skizzen. Ahrimans Malerei zeichnet sich durch eine komplexe Form– und Figurensprache aus, die aus dem Versuch „Philosophie zu malen“ (Douglas Fogle, 2002) resultiert. Den abstrakten gedanklichen Konstruktionen der Philosophie schenkt er figurative Pendants vereint mit geometrisch–architektonischen Elementen. Dabei geht es dem Künstler nicht darum, Abbilder zu schaffen, sondern seine Bildkompositionen sind eher Metaphern für das, was nicht recht einzufangen ist. 

Die minutiös konstruierten Bildelemente sind mit Bedeutung innerhalb des philosophischen Kosmos von Ahrimans Denken besetzt. Seine Bildwelten faszinieren gerade wegen ihrer komplexen Dichte und der Ahnung, dass die Bildfläche noch mehr beinhaltet, als sie beim ersten Betrachten enthüllt. „Was ist Schein, was ist Wirklichkeit? [...] die Figuren haben ihr eigenes Geheimnis, sie besitzen verborgene Bedeutungen und Eigenschaften [...] [Nader Ahriman] schenkt uns eine Erkenntnis davon, wie wir die Welt erkennen und nicht erkennen, sehen und nicht sehen, verstehen und nicht verstehen. Seine Malerei bietet eine existentielle Möglichkeit, das von irrationalen Kräften beherrschte Dasein erträglich zu machen und stellt die einzige Erkenntnis vom Wesen der Welt dar.“ (Florian Waldvogel, 2013) 

Im Bildgeschehen kehren wieder und wieder die gleichen Figuren oder Bildelemente zurück. Es ist, als ob sich das malerisch Gedachte vertiefen müsste oder sich in das Bildgedächtnis des Betrachters einschreiben möchte: die „Weltseele“, als Napoleon Bonaparte hoch zu Ross, sowie „der junge Hegel“, mit transparenter Plastiktüte über dem Kopf, verschnürtem Paket unter dem Arm und erhobenem, entblößten Bein, welches ein Baguette stützt. Dabei zeigen sich Hegelmaschine und Weltseele nicht immer in der gleichen Form, sondern können auch ein jeweils objekthaft–architektonisches oder ‚maschinenhaftes’ Abbild erlangen. 

[Nader Ahrimans] Bilder beziehen sich zwar in einem sehr präzisen Sinn auf das Werk eines Philosophen, nämlich [hier] auf die Schriften Georg Wilhelm Friedrich Hegels (und insbesondere die Phänomenologie des Geistes von 1807); aber sie erläutern, kommentieren oder illustrieren keinen Satz. Sie geben zu denken, ohne ein Denken vorauszusetzen: Sie sind Denkbilder, Ergebnisse eines Denkens in Bildern, das auch darum so viele Ergänzungen und Wiederholungen, Neuansätze und Perspektivwechsel braucht wie das Denken und Schreiben selbst.“ (Thomas Macho, Denkbilder, 2013)


Nader Ahriman, 1964 in Shiraz (Iran) geboren, lebt und arbeitet in Berlin. Ahrimans Werke wurden in Einzelausstellungen u.a. im Kunstverein Hamburg (Katalog Distanz), Kunstverein Freiburg (Katalog Hatje Cantz), MACO Sur, Mexico City,  Kunsthalle St. Gallen ausgestellt. 

Des Weiteren waren seine Arbeiten in folgenden Gruppenausstellungen zu sehen: “Painting Forever!”, Kunst-Werke, Berlin, Madison Museum of Contemporary Art, der Temporären Kunsthalle, Berlin, MANIFESTA 7, Trento, Walker Art Center, Minneapolis, White Chapel Gallery, London und im Rupertinum, Salzburg.


Für weitere Informationen oder Abbildungsmaterialien kontaktieren sie bitte Maike Fries, Gerhardsen Gerner:
T: +49-30-69 51 83 41, F: +49-30-69 51 83 42, E: office@gerhardsengerner.com oder besuchen Sie unsere Website unter http://www.gerhardsengerner.com.
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Nader Ahrimans „Hegelmaschine“ 

Andreas Arndt * 

 

Nader Ahriman hat die Hegelmaschine erfunden. In seinem Werk taucht sie seit vier Jahren auf: Die Hegelmaschine trifft die Weltseele. Die Weltseele – das ist bei Hegel selbst Napoleon Bonaparte. Hegel begegnete ihm im Oktober 1806 nach der Niederlage Preußens und seiner Verbündeten in der Schlacht von Jena und Auerstedt. „Den Kaiser – diese Weltseele –“, so berichtete Hegel, „sah ich durch die Stadt zum Rekognoszieren hinausreiten; – es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert, auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift und sie beherrscht.“1) Eine gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Illustration dieser Szenerie zeigt Hegel, den Hut ziehend, vor Napoleon, der, auf einem Schimmel reitend, dem ihm unbekannten Philosophen kurz den Blick zuwendet. Nader Ahriman hat dieses Bild des jungen Hegel aufgenommen, abgewandelt, anatomisch seziert und schließlich in eine Maschine transformiert.

Die Hegelmaschine ist nicht mehr Hegel, sondern Hegels Philosophie, aber im Medium der Kunst, nicht der Philosophie selbst. Das kann nur deshalb gelingen, weil Kunst für Hegel letztlich keinen anderen Inhalt hat als die Philosophie. Als Gestalt des absoluten Geistes ist sie eine Form der Selbstverständigung des menschlichen Geistes über sich. Diese „Hegelmaschine“ beschreibt Nader Ahriman so, dass sie Kunst produziert, genauer: „Kunstgeschichte ohne Namen“.2) Das Ziel der „Hegelmaschine“ sei es, „sich als künstlerisches Objekt-Subjekt zum absoluten Geist zu entwickeln. In der Hierarchie von Kunst über Religion bis hin zur Philosophie als oberste Stufe erreicht sie jedoch nur das Stadium der Kunst. Die Hegelmaschine kann der religiösen und philosophischen Anforderung nur entgehen, wenn sie sich selbst treu bleibt.“3)

Für Hegel ist die Geschichte der Kunst Bestandteil der Weltgeschichte als Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit.4) Diese Geschichte kommt dort an ein Ende, wo das Bewusstsein der Freiheit vollständig entwickelt ist. Bei Hegel ist dies die absolute Idee. Die „Hegelmaschine“ ist die Kunst des Endes. Als meta-kubistisches Objekt bezeichnet sie das Ende der Kunst in der Kunst, indem sich die Kunst selbst als Idee erfasst. Indem sie aber weiter Kunst produziert und sich in der Treue zur Kunst den Übergang in Religion und Philosophie versagt, bezeugt sie, dass es im Ende der Kunst noch Kunst gibt. Die Kunst ist Idee als Idee. Nach dem Ende geht es weiter, wenn auch nicht als identifizierbare Geschichte, sondern als eine „Geschichte ohne Namen“.

Hegels Philosophie als Maschine – geht das überhaupt? Ist Hegels System nicht vor allem am Paradigma des Organismus orientiert und nicht an dem des Mechanismus? Die „Hegelmaschine“ ist ein vertracktes Gebilde. Sie bezieht sich auf sich selbst und gerade dadurch doch auf das Ganze des Geistes, die ganze Welt und die Weltgeschichte. Sie spiegelt sich in sich selbst: Selbstreflexion ist ein wesentliches Merkmal ihrer Konstruktion. Wie eine Antenne, die Transzendenz einfangen will, ragt an ihr aber auch das Kreuz als Symbol des Christentums empor. Für Hegel ist das Christentum die vollendete Religion, weil es die Religion der Freiheit ist. Diese Freiheit ist aber nicht einem Jenseits vorbehalten. Der Gegensatz zwischen Himmel und Erde ist vielmehr aufzuheben, indem „das Geistliche die Existenz seines Himmels zum irdischen Diesseits und zur gemeinen Weltlichkeit [...] degradiert“.5) So ist auch das Kreuz an der „Hegelmaschine“ in sich gespiegelt und weist an seinem anderen Ende wieder auf die Erde zurück. Zu dieser Welt gehören, gerade für Hegel, auch die leiblichen Bedürfnisse. Die „Hegelmaschine“ hält daher auch Nahrung bereit; wie auch die Gestalten des Bewusstseins, die Nader Ahrimans frühere Bilderzyklen zu Hegel beherrschen, weist sie organische Elemente auf. Wer genau hinsieht, entdeckt ein Merkblatt für den Eigenverzehr (auch eine Form der Selbstbezüglichkeit) des Personals der Deutschen Bahn AG, nebst Preisen; das Sandwich des Monats kostet 1,50 €.

Die Hegelmaschine verbindet das Mechanische mit dem Organischen. Auch darin bleibt sie Hegel treu. In ihr findet Hegels Philosophie mit ihrem Zentrum, der absoluten Idee, eine künstlerische Form, weil die Kunst selbst für Nader Ahriman metakubistisch Idee geworden ist. Nader Ahriman illustriert nicht Philosophie, sondern holt die Philosophie künstlerisch in dialektischen Denk-Bildern ein, die über die Kunst hinaus deutbar sind, aber doch nur Kunst bedeuten. Es ist eine Begegnung von Kunst und Philosophie, die sich als Selbständige ineinander spiegeln und wiederfinden. So gesehen, hat Nader Ahriman die Hegelmaschine nicht erfunden, sondern entdeckt, und in ihr findet sich auf überraschende Weise die Hegelsche Philosophie wieder. Vielleicht, um noch einmal Hegel zu bemühen, ist es eine List der Vernunft, die beide zusammengeführt hat. 


1) Briefe von und an Hegel, hg. v. J. Hoffmeister, Bd. 1, Hamburg 1969, 120. 

2) Nader Ahriman, Meta-Kubismus, Berlin 2013, 156. 

3) Ebd., 147. 

4) Vgl. Gebrochene Schönheit. Hegels Ästhetik – Kontexte und Rezeptionen, hg. v. Andreas Arndt, Günter Kruck und Jure Zovko, Berlin und Boston 2014. 

5) G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, § 360, Gesammelte Werke, Bd 14, 1, Hamburg 2009, 281.
 

* Andreas Arndt ist Professor für Philosophie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin; er ist seit 1992 Präsident der Internationalen Hegel-Gesellschaft e. V.